Die Hessische Landesregierung tritt Antisemitismus in jeder Form entschieden entgegen. „Das gilt selbstverständlich auch für anti-israelischen Antisemitismus“, erklärte Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn im Plenum des Hessischen Landtages in einer Aktuellen Stunde vor dem Hintergrund der aktuell geführten Debatten zur bevorstehenden documenta. „Antisemitische Ressentiments und Antisemitismus dürfen auf der documenta nicht zum Ausdruck kommen. Das haben auch die documenta und das Kuratorenkollektiv ruangrupa selbst immer wieder betont.“
Angesichts der Diskussionen über das Verhältnis zum BDS-Aufruf betonte Ministerin Dorn: „Ich lehne einen Israel-Boykott entschieden ab. Er verhindert das Gespräch und den Dialog, und vor allem zielt er nicht auf irgendeinen Staat, sondern auf den Staat, der sich als jüdische Heimstätte versteht. Aufgrund unserer historischen Verantwortung sind und bleiben das Existenzrecht und die Sicherheit Israels ein Teil deutscher Staatsräson. Künstlerinnen und Künstler, die in Deutschland einen Israel-Boykott unterstützen, müssen sich daher auf Kritik einstellen. Rassistische Anfeindungen und gar Angriffe aber dürfen dabei keinen Platz haben. Die Bilder bedrohlicher Schmierereien in der Ausstellungsfläche von ,The Question of Funding‘ haben mich sehr betroffen gemacht. Meine Solidarität gilt ausdrücklich auch den Kuratoren und Künstlerinnen und Künstlern, die im Zuge der Debatte rassistisch angegangen und angegriffen wurden.“
Den eingeschlagenen Weg konsequent weiter verfolgen
Mit Blick auf die Vorwürfe stellte Ministerin Dorn klar: „Es liegen mir keine Hinweise auf Antisemitismus in den Kunstwerken auf der documenta vor. Wer aktuell der ganzen documenta ein Antisemitismus-Label anhängen möchte und Künstlerinnen und Künstler ausladen will, ohne dass es Belege gibt, dass sie sich in ihrer Kunst antisemitisch ausdrücken, der redet der Zensur das Wort. Dagegen wende ich mich entschieden. Es gibt eine klare Grenze der Meinungsfreiheit und der Kunstfreiheit. Das ist das Strafrecht, und da müsste und würde eingegriffen werden.“
„In Reaktion auf die Antisemitismus-Vorwürfe haben die documenta-Verantwortlichen eine Reihe öffentlicher Diskussionen geplant. Ich halte das weiter für den richtigen Weg. Auch wenn die Diskussionsreihe ,We need to talk‘ ausgesetzt wurde, habe ich mich bereits mit mehreren kritischen Stimmen getroffen und werde diesen Austausch weiter fortsetzen. Ich stimme mich dabei eng ab mit der Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung, Claudia Roth, die mit dem Zentralrat der Juden eine vertrauensvolle Basis für Gespräche gelegt hat. Gemeinsam mit Josef Schuster und ihr weiß ich mich einig, dass wir uns weiter klar gegen Antisemitismus engagieren und die Kunstfreiheit schützen müssen. Auch der israelische Soziologe Prof. Nathan Sznaider, der für die Diskussionsreihe eingeladen war, plädiert dafür, postkoloniale Ansätze und zionistisches Selbstverständnis ins Gespräch zu bringen. In diesem Sinne begreife ich meine Aufgabe: Ich führe Gespräche. Weil es um Vertrauen geht und darum, Brücken zu bauen, sind diese Gespräche vorerst intern. Aber wir wollen die Diskussion auch wieder in die Öffentlichkeit tragen.“
Ministerin Dorn plädiert dafür, dass es nun an der Zeit sei, sich mit den Kunstwerken selbst auseinanderzusetzen: „Jetzt hoffe ich auf eine spannende documenta mit anregender und auch kritischer Kunst. Es ist der Sinn der Kunstfreiheit, Zumutungen zuzulassen – die wird es auf verschiedene Weise bei der documenta fifteen ebenso geben wie in den vierzehn Ausgaben zuvor, und das ist gut und richtig so. Antisemitismus gehört zu den Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Darauf achten wir, darauf achte ich.“